Ihr Lieben,
ich habe gehofft, Euch mehr positive Neuigkeiten berichten zu können. Leider ist es nicht mehr als: “we are hanging in there and surviving”. Aber das ist ja auch schon mal was, und es ist etwas, das wir dank Eurer Mithilfe erreicht haben. Eine ganze Kolonie von Hamburgern hat gespendet, ebenso aus meiner Heimat. Zwei Artikel in der Zeitung, dadurch sind viele Spenden gekommen. Wir sind echt überwältigt über die Spendenbereitschaft, obwohl Ihr doch auch mitten in der Krise steckt. Mehr als 500 Pakete und Gutscheine sind bereits verteilt. Wir rechnen jedoch damit, dass wir bis Ende des Jahres weitermachen müssen.
Unser kleines Städtchen Hout Bay hat einen traurigen Rekord gebrochen: Wir sind auf der Liste der 6 am schlimmsten vom Virus betroffenen Orte in Südafrika, nach wie vor in Level 4 und unsere Region sieht hier auch so schnell noch keine Veränderung. Die Zahlen der Infektionen liegen trotz alledem immer noch relative niedrig, was natürlich ein Segen ist. Der Preis dafür: die Ökonomie ist faktisch am Ende. Was hier der richtige Weg und der Weisheit letzter Schluss ist, werden wir wohl erst im Nachhinein analysieren können. Ich habe bisher einige hundert Essenspakete verteilt, die Suppenküche brummt, ich jonglieren mit diversen Food apps auf meinem Smartphone, bekomme täglich und vor allem regelmäßig ab Mitte des Monats verzweifelte Nachrichten von hungrigen Menschen.
Die Zusammenarbeit zwischen den Hout Bay NGOs und Unternehmen, Schulen und den Community Leadern ist in vollem Gange. Alle Namen und Details müssen auf einer Database gesammelt werden, sodass nicht geschummelt werden kann. Und das kostet seeeeeeeehr viel Zeit. Hier werden die Namen, Adresse, Pass oder ID-nummer, Telefonnummer, Personenzahl pro Haushalt, Anzahl der Kinder ect. eingetragen. Die Leute lachen sich immer kaputt über meine Schwierigkeiten, die Namen korrekt auszusprechen und richtig zu betonen, geschweige denn richtig aufzuschreiben. Ich kontere dann Regelmäßig mit der Aufforderung, Namen wie Arnold Schwarzenegger, Kunigunde Schönbächler oder Brunhilde Hinterseher zu notieren! Habt ihr noch ein paar schöne Namen für mich? Hahahaha. Wichtig, dass es was zu lachen und zu quatschen gibt., wenn ansonsten getröstet, unterstützt und die Frage nach den Perspektiven beantwortet werden muss.
Wichtig ist auch, dass wir „Helfer“ nicht an den Bedürfnissen und Ängsten der Betroffenen vorbei organisieren, dass wir nicht mit Vorurteilen und Missverständnissen noch mehr Probleme schaffen. Ich probiere auch hier meinen Beitrag zu leisten. In 14 Jahren NGO-Arbeit in Hout Bay habe ich viel gelernt: Fallen und immer wieder aufstehen, Fehler machen und daraus lernen. Meine wohl wichtigste Lektion war, genau zuhören, was die Menschen wollen und brauchen und nicht, was wir denken, was sie brauchen. Dabe deutlich und straight sein im Hinblick auf reale Möglichkeiten. Und vor allem Respekt entwickeln und vermitteln.
In der letzten Woche des 2. vollen Monats des Lockdown bin ich ab heute extrem beschäftigt. Ziel für die nächsten Wochen ist, alle 400 Familien der Hout Bay Primary School, wo unsere Projekte laufen, auf unsere Food List zu bekommen und diese Food Groups regelmäßig alle 2 Wochen zu bedienen. Dazu kommt, dass die 7. und 12. Klassen der öffentlichen Schulen am 1. Juni wieder starten. Das wird auch noch was, heißt doch „Lockdown“, dass wir nur zwischen 6 und 9 auf den Asphaltstraßen laufen dürfen. Ab morgen teile ich also jeden Tag Pakete aus.
Sindi und ihr Küchenteam möchten diese wundervolle Suppenküche beibehalten. Sie hat mich gefragt, ob wir finanziell helfen können. Im Moment kochen sie im Schulcontainer, aber der wird hoffentlich bald wieder gebraucht. Einen eigenen Container hat sie von der Schule bekommen. Sie braucht einen Herd, Töpfe und andere Utensilien. Kühlschrank hatte ich noch für sie. Auch wenn die Schule wieder kocht, wird noch viel Bedarf sein. Durch die Corona Krise ist deutlich geworden, wie viele Menschen hungern. Es sind die Randgruppen, die Alten und Behinderten, die Kinder, die Jugendlichen, die nicht zur Schule gehen, die weiterhin eine Mahlzeit benötigen. „Mit Speck fängt man Mäuse“. Wir wollen die „Mäuse“ sichtbar machen, um zu schauen, wie wir helfen können. Ich schaue gerade mit Sindi, wie sie ihre eigene NGO starten und weiterhin eine Mahlzeit am Tag austeilen kann. Lasst mich bitte wissen, ob wir eure Spende auch für die Suppenküche gebrauchen dürfen.
Stay safe Eure Sylke